Noch ist es die große Ausnahme, dass Menschen mit geistiger Behinderung die Grundschule besuchen, in der freien Wirtschaft arbeiten oder mitten im Stadtteil in einer Wohngemeinschaft leben. Was vor wenigen Jahren noch undenkbar war, soll, wenn es nach den Vorgaben einer von der Bundesregierung ratifizierten UN-Resolution geht, zum Normalfall werden. Ziel der Inklusion ist es, Menschen mit Handicap an allen gesellschaftlichen Belangen gleichberechtigt teilhaben zu lassen.
Seit 2002 gibt es an der Fürther Pestalozzischule eine inklusive Partnerklasse. Vom ersten bis zum vierten Schuljahr werden hier Kinder mit besonderem Förderbedarf im Bereich »geistige Entwicklung« gemeinsam mit Grundschulkindern unterrichtet.
Die Vielfalt der Begabungen stellt hohe Ansprüche an die Lehrer und erfordert zusätzliches Personal, um auch den schwächeren Schülern ein ihren Fähigkeiten adäquates Lernen zu ermöglichen. Ein Aufwand, der sich aus Sicht der Lehrerin Gabi Wille lohnt: »Ich finde es eine ganz wunderbare Art des Miteinanders, diese Freude, ein Buch in die Hand zu nehmen, beim einen Kind zu beobachten, während ein anderes jetzt schon mit Zahlen umgehen kann, aber nicht sprechen kann, und dieses Erlebnis ist jeden Tag ein Geschenk, aber jeder Tag ist unplanbar.«
Seit Herbst 2010 bietet die Lebenshilfe Fürth Mitarbeitern der Werkstätten die Möglichkeit, auf einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft zu wechseln. Mit Unterstützung eines Integrationsbeauftragten haben bisher acht Mitarbeiter diesen Schritt gewagt. Martin Truckenbrodt ist einer von ihnen: Er arbeitet im Warenlager einer Werbemittelfirma und sieht die Mehrbelastung, die die neue Arbeitsstelle mit sich bringt, positiv: »In den Werkstätten war ich dicker, da nehm ich wenigstens ab, weil ich soviel Bewegung hab«. Firmenchef Roland Brombacher ist mit Martin mehr als zufrieden: »Der hat einen wahnsinnigen Antrieb, der Kerl hat eine total gute Seele. Das kann man sich gar nicht vorstellen.«
Seit dem Frühjahr 2010 gibt es in Fürth für Menschen mit geistiger Behinderung eine Alternative zum Wohnheim. Die Lebenshilfe hat in der Fürther Südstadt eine Wohnung angemietet, in der junge Erwachsene die Möglichkeit haben, zusammen zu leben. Lisa, Tobias, Florian und Stefan haben sich bewusst für das ambulant begleitete Wohnen in einer Wohngemeinschaft entschieden, »weil wir halt selber alles lernen, essen, putzen, einkaufen...« Seit dem Einzug haben die WG-Bewohner große Fortschritte gemacht und vielleicht wird ihr großer Traum, ganz ohne Betreuung leben zu können, eines Tages Wirklichkeit.
Drei ermutigende Beispiele, aber die betroffenen Lehrer und Pädagogen warnen davor, aus solchen Beispielen zu schließen, dass dies die Lösung für alle Menschen mit Handicap sein kann.
Ein Film von Julia Thomas und Thomas Steigerwald • Länge: 28 Min.
Dieser Film ist auf DVD erhältlich. |
Dieser Beitrag macht Mut für die Zukunft. Ich hoffe für uns und unsere Tochter, dass sich auch in unserer Region die Schulen ein Beispiel daran nehmen, wie Inklusion funktionieren kann. Ein großes Lob an das Team und bitte mehr davon!
#1
Mit großer Freude und schwer beeindruckt habe ich die Reportage zu Chancen und Grenzen der Inklusion am 26. Februar betrachten dürfen. Besonders gut dargestellt wurde die inklusive Partnerklasse der Hallemann-Schule an der Pestalozzischule in Fürth. Gerade die Darstellung, dass die Förderkinder den Grundschülern in kreativen Fächern teilweise überlegen sind, zeigt, dass Inklusion Gewinner bei allen Beteiligten haben kann. Es macht auch deutlich, dass es einer adäquaten personellen Ausstattung bedarf und auch die Schwere der Behinderung eine wichtige Rolle spielt. Dementsprechend eine umfassende kritische, aber positive Darstellung, die der Inklusion entscheidend weiterhilft.
Die einfühlsame Darstellung einer Wohngemeinschaft in der Fürther Südstadt für junge Erwachsene im zweiten Teil der Reportage zeigt, dass selbstbestimmtes Leben mit geringem Unterstützungsaufwand möglich ist. Hier ist eine großartige Möglichkeit da, dem Ziel eines vollständig eigenständig geführten Lebens sich anzunähern und zugleich Kosten für dauernde Betreuung einzusparen. Wichtig ist, dass der Film auch die Voraussetzung nicht verschweigt, dass bestimmte Fähigkeiten vorhanden sein müssen, über die leider nicht alle Menschen mit Behinderung verfügen. Der positive Film zeigt aber eine wichtige Möglichkeit für unsere Gesellschaft auf, Menschen besser zu integrieren und den Inklusionsgedanken in die Tat umzusetzen. Auch dieser Film ist ein Meisterwerk, da er sowohl spannend gestaltet ist, als auch sachlich informiert. Dem Filmteam ein herzliches Dankeschön. Ich wünsche dem Beitrag viele Zuschauerinnen und Zuschauer.
Dr. Thomas Jung
Oberbürgermeister
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Pressespiegel: »Ein Schritt aus der Isolation« (FN)
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Pressespiegel: »Das große Experiment« (ZEIT ONLINE)
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Pressespiegel: »Inklusion stellt Lehrer vor große Herausforderungen« (FN)
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