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Medien PRAXIS - Das point Reportage Sendungs-Blog


Mai 2013

Ali­na aus der Ukrai­ne -
»Es kann nicht je­der deutsch sein!«

Mit dem En­de der So­wjet­uni­on kommt es in der Ukrai­ne zu gro­ßen wirt­schaft­li­chen Pro­ble­men: Vie­le Men­schen wer­den ar­beits­los, manch­mal fehlt es selbst für das Nö­tig­ste am Geld. Ali­na ist 10 Jah­re alt, als ih­re Mut­ter und ihr Stief­va­ter be­schlie­ßen, des­halb nach Deutsch­land aus­zu­wan­dern. Ob­wohl sie bei der An­kunft au­ßer dem Satz »Hän­de hoch, Ho­se run­ter« kein Wort Deutsch spricht, schafft sie es be­reits nach ei­nem Jahr auf das Gym­na­si­um.

Im letzten Jahr hat Alina dieses Kleid noch ausgefüllt

Ih­re Frei­zeit ver­bringt sie bei­na­he aus­schließ­lich mit Hip­hop-Tan­zen. Sie trai­niert fast je­den Tag und be­ginnt, auch an­de­re Kids an­zu­lei­ten. Es gibt al­ler­dings ein Pro­blem: seit es der Fa­mi­lie bes­ser geht, nimmt Ali­na kon­ti­nu­ier­lich zu – trotz des vie­len Sports. Vor zwei Jah­ren war es dann so­weit: Ali­na wiegt in­zwi­schen so­viel, dass ihr Knie nicht mehr mit­macht. Sie muss auf­hö­ren zu tan­zen.

Um abzunehmen, hat Alina sich in der Ukraine operieren lassen

Den Grund für die kon­ti­nu­ier­li­che Ge­wichts­zu­nah­me sieht sie in der Kind­heit, als es der Fa­mi­lie zeit­wei­se so­gar am Geld für Le­bens­mit­tel fehl­te: »Wenn man mal nicht ge­nug hat, nutzt man das sehr ger­ne aus, wenn man was hat, sprich so­bald es uns, un­se­rer Fa­mi­lie dann bes­ser ging, hab ich an­ge­fan­gen zu­zu­neh­men.« Da we­der Sport noch ver­schie­de­ne Di­ät­ver­su­che wei­ter­hel­fen, sieht sie als ein­zi­ge Lö­sung ei­ne Ma­gen­ver­klei­ne­rung. Sie fährt in ih­re al­te Hei­mat und lässt dort ei­ne ent­spre­chen­de Ope­ra­ti­on durch­füh­ren.

Alina fühlt sich verpflichtet, ihr Studium erfolgreich abzuschließen, damit die Emigration ihrer Eltern nicht vergebens war

Das Schick­sal meint es mit Ali­nas Fa­mi­lie nicht gut. Ihr Stief­va­ter, ein aus­ge­bil­de­ter In­ge­nieur, fin­det in Deutsch­land kei­ne ad­äqua­te Ar­beit und ver­stirbt schon nach we­ni­gen Jah­ren. Für Ali­na, die von ihm, seit sie drei Jah­re alt ist, auf­ge­zo­gen wur­de, ein har­ter Schlag, den sie aber gleich­zei­tig als gro­ße Ver­pflich­tung emp­fin­det. Sie macht ihr Ab­itur und be­ginnt, Ar­chi­tek­tur zu stu­die­ren: »Er kam hier­her, da­mit ich auch was hab, und da­durch, dass er sich be­müht hat, dass es mir bes­ser geht, hat es mich ei­gent­lich mo­ti­viert zu stu­die­ren, mein Abi zu ma­chen, das ist ein­fach nur ein An­reiz, dass aus mir was wer­den muss, weil sonst hat es sich halt nicht ge­lohnt, ne.«

Alinas Freundinnen zu Besuch - alle haben einen Migrationshintergrund

Trotz al­ler Pro­ble­me kann sich Ali­na heu­te nicht mehr vor­stel­len, in der Ukrai­ne zu le­ben. Sie ist in Deutsch­land an­ge­kom­men und hat hier Freun­de ge­fun­den – aus den ver­schie­den­sten Län­dern, al­ler­dings kaum Deut­sche. Auch wenn Ali­na Deutsch­land in­zwi­schen als ih­re zwei­te Hei­mat sieht, fühlt sie sich nicht deutsch. »Die ty­pisch deut­schen Ei­gen­schaf­ten sind ein­fach die Ord­nung, die Pünkt­lich­keit, das Ak­ku­ra­te – das bin ich ein­fach nicht. Ich bin we­der pünkt­lich, noch zu­ver­läs­sig noch or­dent­lich und viel­leicht er­gibt sich auch des­we­gen, dass wir ein­fach so we­ni­ge Deut­sche im Freun­des­kreis ha­ben.«

Ein Film von Ju­lia Tho­mas und Tho­mas Stei­ger­wald  •  Län­ge: 30 Min.

auf DVD erhältlicher Film Die­ser Film ist auf DVD er­hält­lich.