September 2022
Während der ersten Flüchtlingswelle 2015 kamen viele Jugendliche und junge Erwachsene über das Mittelmeer nach Europa. In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft machten sich auch Miftah Muktar Abdoo und Tofik Ahamad auf den gefährlichen Weg.
Mit großem Engagement lernten sie die Sprache, besuchten die Schule, erzielten gute Ergebnisse und machten sich dann auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz. Da beide im unsicheren Status der Duldung leben, waren viele Firmen nicht bereit, sie auszubilden, da sie jederzeit abgeschoben werden können. Inzwischen haben beide Arbeitgeber*innen gefunden, die bereit waren, das Risiko einer Abschiebung auf sich zu nehmen.
Miftah macht derzeit eine Ausbildung zum Fliesenleger, Tofik lernt Rohrleitungsbauer. Beides Berufe, für die deutsche Firmen händeringend nach Fachkräften suchen.
Ob die beiden dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen, ist allerdings weiterhin unklar. Für sie, ihre Arbeitgeber*innen und viele Fachleute, die sich mit der Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt beschäftigen, ein unerträglicher Zustand. »Das ist gelinde gesagt eine Riesensauerei, dass Auszubildende, die im Baugewerbe lernen oder gelernt haben, abgeschoben werden, weil wir händeringend Facharbeiter brauchen, ganz egal, aus welchem Land und welcher Nation.«, so Hans Beer von der IG-BAU.
Um den Fachkräftemangel zu beheben und den Geflüchteten eine sichere Zukunft zu ermöglichen, fordern viele Fachleute und Arbeitgeber*innen einen sogenannten Spurwechsel. Gut integrierten Geflüchteten soll so nach einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung der Verbleib in der Bundesrepublik zugestanden werden, selbst wenn ihrem Asylantrag nicht stattgegeben wurde.
Für Miftah, Tofik und viele tausend Geflüchtete wäre ein Spurwechsel die Möglichkeit, ohne Angst vor Abschiebung zu leben, den deutschen Arbeitsmarkt zu entlasten und sich eine Zukunft in Deutschland aufzubauen.
Mai 2022
»Ein Jubiläum und ein Ende. Sowas fällt oft zusammen.«, sagt Markus Feuerlein bei der Abschlusskundgebung des Nürnberger Klimacamps. Er war seit dem ersten Tag aktiv an der Mahnwache beteiligt, die Ende April, nach 600 Tagen des Campierens am Sebalder Platz und in Sichtweite des Rathauses beendet wurde.
Sie kämpften für Klimagerechtigkeit, wollten die Öffentlichkeit für die drohenden Folgen des Klimawandels sensibilisieren und die Stadt dazu bewegen, ihre Forderungen, die dem Stadtrat seit 2019 vorliegen, umzusetzen.
Ihr Anspruch war, mit dem Camp einen Ort zu schaffen, der frei von Repression und Diskriminierung ist, in dem Entscheidungen gemeinsam und gleichberechtigt getroffen werden, einen Ort, an dem sich jede*r sicher und wohl fühlen kann.
point hat drei Aktivist*innen während der letzten Camptage begleitet. Markus, Jani und Matteo erzählen über gute und schwere Zeiten, darüber, was mit der Mahnwache erreicht wurde, was die Zeit im Camp mit ihnen persönlich gemacht hat, und ob sie sich weiter politisch engagieren wollen.
März 2022
Die ehemalige Pinselfabrik Leonhardy in der Johannisstraße steht leer. Künstler aus dem Stadtteil fragen sich, ob die weitestgehend intakten Räume der alten Fabrik als Ateliers genutzt werden könnten. Doch die Stadt Nürnberg als Eigentümerin hat andere Pläne: Das Gebäude wird wohl abgerissen werden, um die angrenzenden Hesperiden-Gärten erweitern zu können. Für die Künstler*innen bleibt dann vermutlich nur die Zwischennutzung als mögliche Option.
Die freie Szene hat es schwer: langfristige Mietverträge sind die Ausnahme. Oft müssen Räumlichkeiten schon nach wenigen Jahren wieder aufgegeben werden, wie das »Auf AEG« und bei Quelle bereits geschehen ist. Aber Kunst braucht Raum und Kreative eine Perspektive. Tut die Stadt Nürnberg genug für ihre Künstler*innen? Die Frage steht seit längerem im Raum.
Die neu geschaffenen Ateliers in der Tillystraße sind ein positives Beispiel: Dort haben viele ehemalige Künstler*innen Auf AEG durch tatkräftige Unterstützung des Kulturreferats eine neue Bleibe gefunden. Natürlich braucht es trotzdem sehr viel Eigeninitiative. Ein von den Kreativen gegründeter Verein sorgt für Struktur und kümmert sich um die Vermietung des Gebäudes.
Auch im Heizhaus auf dem alten Quelle-Gelände findet man viel Engagement: Dort finden sich schon seit mehreren Jahren neben Ateliers auch Offene Werkstätten, kleine Unternehmen und ein wöchentlicher Markt, der die Anwohner mit frischem Gemüse aus dem Umland versorgt. Diesen Status musste man sich aber hart erkämpfen. Auch die neuen Mieter im Kesselhaus an der Fürther Stadtgrenze haben diese Erfahrung gemacht. Auch hier waren es ehemalige Mieter*innen der Ateliers Auf AEG, die sich dort in Eigenregie ohne Unterstützung der Stadt ein neues kreatives Zuhause geschaffen haben.
Fazit: Die freie Szene hat in Nürnberg großes Potenzial, ist aber viel zu oft nicht sichtbar.
Dezember 2021
Winter 2021: Auf dem Sebalder Platz, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nürnberger Rathaus, steht seit September 2020 das Klimacamp. Mit einer permanenten Mahnwache machen die Aktivist*innen seit mehr als eineinviertel Jahren auf die drohenden Folgen des Klimawandels aufmerksam.
Mit ihrem Protest wollten sie erreichen, dass die gewählten Vertreter*innen der Stadtgesellschaft, die Anstrengungen, das 2015 in Paris beschlossene Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, verstärken.
Darüber hinaus haben die Aktivist*innen den Anspruch, möglichst repressions- und hierarchiefrei miteinander umzugehen. Für sie ist das Klimacamp auch der Versuch, »eine Utopie im Blickfeld des Rathauses zu leben«.
Andreas Krieglstein, der Fraktionschef der Nürnberger CSU, ließ im September 2021 verlauten, das Thema sei »durchkommuniziert«, und die Aktivist*innen sollen den Platz der Bevölkerung zurück geben. Das sahen die Klimacamper*innen völlig anders. Gemäß Ihres Wahlspruchs »Wir bleiben, bis ihr handelt« wollen sie das Klimacamp aufrechterhalten und die Mahnwache auch im zweiten Winter fortführen.
point hat die Aktivist*innen zweieinhalb Monate im Herbst und Winter 2021 bei ihrem Protest begleitet. Entstanden ist eine Reportage über Menschen, die sich mit ihrem Handeln der drohenden Klimakatastrophe in einer ihnen eigenen Radikalität entgegen stellen.
Im dritten Teil der Reportage sind Aufnahmen vom Hungerstreik der letzten Generation zu sehen – die Aufnahmen stammen von John Mio Mehnert, der zusammen mit Anny Reiser die Aktion vor dem Berliner Reichstag begleitet hat.
Juni 2021
2019 lag der Umsatz von biologischen Lebensmitteln in Deutschland bei 12 Milliarden Euro – das ist eine Steigerung um knapp 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dennoch machen Bio-Produkte lediglich 6 Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland aus. Nur 12 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe haben bisher auf Bio umgestellt.
Diese Zahl lässt sich auch auf das Knoblauchsland im Nürnberger Norden übertragen. Von den rund 130 Vollerwerbsbetrieben haben sich nur etwa 10 Prozent auf biologischen Anbau spezialisiert. Die Ökologische Landwirtschaft bleibt in einer Nische. Dabei hat sie mehr zu bieten als gesunde Lebensmittel: Sie erhält unsere Natur und läßt uns im Idealfall wissen, wo unsere Nahrung her kommt.
Dies ist beispielsweise beim Prinzip der Abokiste Hemhofen der Fall. Der Lieferservice hat ausschließlich Bioprodukte im Angebot. Viele werden sogar am Hof selbst produziert.
Die Solidarische Landwirtschaft geht noch einen Schritt weiter: Durch die Mitgliedschaft entsteht ein enges Verhältnis zwischen Landwirt und Verbraucher. Der kann sogar bestimmen, was auf dem Feld angebaut werden soll.
Im Münzinghof hat man sich schon lange der bio-dynamischen Landwirtschaft verschrieben. Ein wichtiger Bestandteil des landwirtschaftlichen Kreislaufs ist dort die natürliche und wesensgemäße Rinderhaltung.
November 2020
Gisela Naomi Blume beschäftigt sich ab frühester Kindheit mit dem Thema Tod. Den Vater verliert sie, als sie gerade einmal 6 Jahre alt ist. Ihr Ehemann stirbt mit 45 Jahren. Gisela beschliesst, mit ihrem Leben etwas Sinnvolles anzufangen. Sie beginnt, sich für die jüdische Geschichte ihrer Heimatstadt Fürth zu interessieren. Als sie erfährt, dass die Gräber auf dem alten jüdischen Friedhof während des Dritten Reiches geschändet wurden, und die Nachfahren die Gräber der Verstorbenen nicht mehr auffinden können, beginnt sie zu recherchieren und es gelingt ihr, die 6500 noch erhaltenen Grabsteine wieder Menschen zuzuordnen.
Als 1995 auffällt, dass es in Fürth zwar ein Denkmal für die zerstörten Synagogen gibt, aber keines für die Opfer der Shoah, ist sie es, die aus unzähligen Archiven die Namen der Fürther Deportierten zusammenträgt und so maßgeblich dazu beiträgt, dass für diese Menschen Gedenktafeln entstehen können.
2002 konvertiert sie zum Judentum und wird zwei Jahre später zur Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde in Fürth gewählt. 2008 gibt sie den Vorsitz ab und widmet sich wieder verstärkt der Forschung. Mehrere Buchveröffentlichungen folgen.
Gisela Naomi Blume hat im Judentum ihre spirituelle Heimat gefunden. Darüber hinaus hat sie für die Stadt Fürth und die hier lebenden und verstorbenen Juden ein Stück Erinnerungskultur geschaffen, das über ihr Leben hinaus Bestand haben wird. »Mein Bestreben war es eben, nach jüdischer Tradition die Menschen in guter Erinnerung zu halten, und den Nachfahren in Bezug auf Fürth neben die schlimmen Erinnerungen auch irgendwie auf ihre alten Tage wieder etwas Positives dagegen zu setzen. Und ich hoffe doch, dass das bei manchen angekommen ist.«
Im Herbst 2020 erhält sie den Kulturpreis der Stadt Fürth.
November 2020
Alle zwei Jahre findet die Verleihung der Kulturpreise der Stadt Fürth statt. In den letzten Jahren haben wir immer mal wieder Preisträger*innen und ihr Schaffen in kurzen Filmen bei der Preisverleihung vorstellen dürfen. So sind auch immer wieder längere Portraits der Künstler*innen entstanden, die wir dann bei point im Fernsehen gezeigt haben, bspw. zu Julia Frischmann, Andreas Oehlert, Kathrin Hausel, Ursula Kreutz und zuletzt Matthias Egersdörfer.
Für die diesjährige Verleihung des Kulturpreises war zunächst nur ein Kurzportrait Gisela Naomi Blumes, die den Kulturpreis der Stadt erhält, für den Festabend geplant. Bedingt durch Corona musste die Kulturpreisverleihung in ihrer bekannten Form in diesem Jahr abgesagt werden und auch ein geplanter Livestream konnte nicht stattfinden.
Um die Preisträgerinnen und ‑träger zu würdigen und ihr Wirken vorzustellen, hat uns das Kulturamt Fürth beauftragt, fünf Videos zu den einzelnen Preiskategorien zu erstellen. Diese stehen seit letzter Woche im Netz. Wir freuen uns sehr, mit diesem Auftrag spannende Menschen und ihr Schaffen kennengelernt zu haben, danken dem Kulturamt Fürth, den Laudator*innen und den Künstler*innen für die gute Zusammenarbeit und gratulieren den Preisträger*innen ganz herzlich zu den Auszeichnungen!
Der Musiker Moritz König und die Künstlerin Barbara Engelhard dürfen sich beide über den Kulturförderpreis freuen.
Die Leonhard und Ida Wolf Gedächtnispreise 2020 gingen an den Maler Jan Gemeinhardt, die Tänzerin Elena Trägler und die Musikerin Elena Steri.
Über ihre ehrenamtliche Arbeit berichten Mitglieder des kunstkeller o27 e.V., die sich über den Sonderpreis Kultur der Stadt Fürth freuen dürfen, in einem Video, das Maximilian Baumer realisiert hat.
Volker Heißmann, Martin Rassau, Marcel Gasde und Michael Urban haben mit der Comödie Fürth eines der erfolgreichsten Privattheater Deutschlands etabliert und erhalten dafür den erstmals verliehenen Stadtratspreis.
Für ihr beachtliches Engagement, das jüdische Erbe der Stadt Fürth sichtbar zu machen, erhält Gisela Naomi Blume den Kulturpreis der Stadt Fürth. Ein 30-minütiges Portrait der Kulturpreisträgerin können Sie am kommenden Sonntag auf dem point-Sendeplatz bei Franken Fernsehen sehen.
Februar 2020
In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Deutschland, verlässt Taha Mousa 2013 sein Heimatland Ghana. Gerade einmal 13 Jahre alt, macht er sich alleine auf den Weg nach Europa.
Zwei Jahre ist er unterwegs, zunächst 4.500 km, meist zu Fuß, bis nach Libyen, dann in einem kleinen Holzboot über das Mittelmeer. Auf seinem Weg nach Europa muss er mit ansehen, wie Menschen in der Wüste verdursten und im Mittelmeer ertrinken.
In Deutschland angekommen, lernt er die Sprache, besucht die Schule, schließt sich einem Sportverein an und engagiert sich sozial. Nach einem Praktikum in einem Seniorenheim beschließt er, eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer zu machen.
Doch das Ausländeramt macht Taha einen Strich durch die Rechnung. Er bekommt keine Arbeitserlaubnis, weil er aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland stammt.
Der Film begleitet Taha während seiner letzten Wochen in Deutschland und zeichnet das Bild eines engagierten und bereits gut integrierten jungen Mannes, der nach vier Jahren in Deutschland wieder in sein Herkunftsland zurückkehren muss, obwohl ihn mit Ghana nichts außer schlechten Erinnerungen verbindet.
Für den Zuschauer stellt sich die Frage: ist es aus humanitären und ökonomischen Gründen sinnvoll, Menschen, die integrationswillig sind und einen Mangelberuf erlernen wollen, auszuweisen, während gleichzeitig Gesundheitsminister Jens Spahn versucht, auf der ganzen Welt Arbeitskräfte anzuwerben?
Jüngste Kommentare