Mai 2017
Selbstbestimmt, voneinander und miteinander lernen und dabei Spaß haben – das ist das Ziel der Lernwerkstatt in der Emskirchener Grundschule. Einmal pro Schuljahr kommt jede Klasse für drei Wochen in die Lernwerkstatt. In speziell für diesen Zweck umgewidmeten Räumen dürfen die Schüler selbst entscheiden, was sie erforschen wollen. Vorgegeben ist nur ein sehr allgemein formuliertes Thema. Wie sie an die notwendigen Informationen kommen und wie sie zum Abschluss ihre Forschungsergebnisse präsentieren, ist Sache der Schüler.
Die Schüler haben die Möglichkeit, in Kleingruppen und in ihrem eigenen Tempo den Dingen auf den Grund zu gehen. Sie suchen zu ihrem Thema Informationen aus Büchern und dem Internet zusammen und experimentieren mit in der Lernwerkstatt vorhandenen Materialien. Wenn die Kinder die Informationen zu ihrem Thema zusammengetragen und im Forscherheft festgehalten haben, werden die Ergebnisse für die Präsentation vor der Klasse aufgearbeitet.
Die Lernwerkstatt erfordert auch von den Lehrern eine neue Interpretation ihrer Rolle: Sie sind nicht primär, wie im normalen Unterricht, als Wissensvermittler, sondern vielmehr als Lernbegleiter gefordert. Dieses Umdenken ist nicht jedem leicht gefallen. Inzwischen sind aber aus den meisten Skeptikern Fans der Lernwerkstattidee geworden.
Für Lernwerkstattberaterin Tanja Schedl geht es in der Lernwerkstatt um mehr als den Erwerb von reinem Faktenwissen: »Die Bedeutung, Wissen, Fakten abrufbar parat im Kopf zu haben, zeigt sich in der Gesellschaft kaum noch als notwendig, bei einem normalen Abendessen sitzen Menschen am Tisch und jeder hat sofort die Möglichkeit, digital auf ein Lexikon zuzugreifen und dieses Wissen parat zu haben, insofern hat die Technik diese Notwendigkeit, Wissen und Fakten abrufbar zu haben, einfach überholt.«
Für sie spielen das Erlernen von eigenverantwortlichem, selbstbestimmten Handeln, die Entwicklung von Sozialkompetenz und das kreative Präsentieren der Ergebnisse eine mindestens genauso große Rolle. Sie sieht in der Methode auch eine Möglichkeit, die Kreatvität von Kindern zu fördern: »In der normalen Freizeitgestaltung ist bei unseren Kindern häufig zu beobachten, dass sie bespielt oder bespaßt oder versportet in irgend einer Form immer angeleitet werden, und kreative eigenen Ideen zu finden von den Kindern einfach wenig gefragt wird.«
Schule kann Spass machen! Das kann man an der Emskirchener Grundschule hautnah erleben.
 |
Dieser Film wurde als Kooperationsprojekt im Auftrag der HERMANN GUTMANN STIFTUNG in journalistischer Verantwortung von Medien Praxis e. V. realisiert. |
Dezember 2016
Ursula Kreutz ist eine der Künstler*innen, deren Arbeiten man derzeit auf dem Nürnberger Johannisfriedhof in dem Kunstprojekt »Unendlich still...« sehen kann. Wir haben Ursula Kreutz vor einigen Jahren filmisch portraitiert.
Ursula Kreutz ist eine vielseitige Künstlerin. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist einerseits die intensive, interdisziplinäre und experimentelle Erforschung der Möglichkeiten des Mediums Fotografie, andererseits das übergreifende Thema der Erinnerung und damit verbunden das Hinterfragen von Wahrnehmung. Dabei macht sie sich oftmals selbst zum Gegenstand der Hinterfragung, indem sie in ihren Arbeiten in Form einer »Selbstuntersuchung« visuell und teilweise auch physisch präsent ist.
Ihre fotografischen Arbeiten sind oftmals auf fotobedruckten transparenten Stoffen aufgetragen, die einen leichten Moiré-Effekt sowie kalkulierte Unschärfe hervorrufen, und werden in Bildkästen oder in von ihr gestalteten Räumen präsentiert. Durch die Transparenz des Materials und eine Verdoppelung der Motive entstehen Überblendungen, die zu vielschichtigen Projektionsflächen transformiert werden und beim Wechseln des Betrachtungswinkels immer neue Eindrücke beim Publikum hervorrufen.
In den letzten Jahren hat sich Ursula Kreutz immer öfter mit Installation und Performance auseinandergesetzt. Arbeiten wie exil oder CMX und deren Abwandlungen bzw. Weiterentwicklungen haben eines gemeinsam: Die Künstlerin ist nicht nur Teil des Werkes, sie sieht in den Arbeiten auch eine Auseinandersetzung mit sich und ihrer persönlichen Entwicklung.
Vor wenigen Wochen wurde Ursula Kreutz mit dem Kulturförderpreis der Stadt Fürth ausgezeichnet. point hat sie in ihrem Atelier besucht und lässt sie über ihre Kunst und ihre Wahrnehmung der Welt reflektieren.
November 2016
Das Bayerische Schulsystem ist bis heute dreigegliedert. Nach einer gemeinsamen vierjährigen Grundschule für alle Regelschüler sieht es nach der vierten Klasse eine Aufteilung in verschiedene Schularten vor. Neben den sogenannten »weiterführenden Schulen«, dem Gymnasium und der Realschule, gibt es seit 2011 die Mittelschule, für, wie es eine Lehrerin beschreibt, »den Rest, der es nicht geschafft hat«. An ca. 600 Standorten in Bayern sind an die Grundschule Mittelschulen angeschlossen, so auch an der Fürther Pestalozzischule.
2011 wurden die ehemaligen Hauptschulen in Mittelschulen umbenannt. Im Bayerischen Kultusministerium versprach man sich davon eine Aufwertung des Schulsprengels. Aber hat die Namensänderung etwas gebracht? Die stärkeren Schüler verlassen weiter nach der vierten Klasse die Grundschule Richtung Gymnasium oder Realschule.
Dabei sind die Ansprüche an die Mittelschule weiter gestiegen. Eltern haben die Möglichkeit, frei zu wählen, ob sie Kinder, die ein Handicap haben, an eine Förderschule oder eine Grund- und später dann Mittelschule schicken. Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund und den damit oftmals verbundenen Sprachschwierigkeiten ist in den letzten Jahren kontinuierlich angewachsen, Lehrer sehen sich immer öfter mit Schülern konfrontiert, die verhaltensauffällig sind oder Motivationsprobleme haben.
Was geblieben ist, ist der Wunsch von Schulleitung und Lehrern, die Schüler möglichst gut auf die Arbeitswelt vorzubereiten, aber ist dies unter diesen Umständen zu schaffen? Kann ein einzelner Lehrer die Ansprüche, die an ihn gestellt werden, überhaupt erfüllen oder bedarf es dazu eigentlich einer zweiten ausgebildeten Lehrkraft, zumindest in den Kernfächern? Wie soll man Einzelne fördern, wenn sich alleine an der Mittelschule 50 Schüler mit besonderem Förderbedarf befinden und dafür gerade einmal 24 Förderstunden pro Woche zur Verfügung stehen? Welche Rolle spielt dabei das Bayerische dreigliedrige Schulsystem, und was bedeutet es insbesondere im Bezug auf den Inklusionsgedanken?
Eine engagierte Lehrerin aus der Mittelschule meint: »Solange Eltern tagtäglich in der Grundschule erleben, wir müssen stark sein, das hat ’nen Wert. Ich will, dass mein Kind aufs Gymnasium geht, die Mittelschule, das sind die Idioten, ich sags mal so deutlich, kann ich nicht davon sprechen, dass alle Menschen irgendwie einen gleichen Wert haben, und das ärgert mich persönlich.« Sie träumt davon »dass wir den Kindern eine Schule anbieten können mit einer Schultüre und sich diese Schule dann innerhalb des Gebäudes verzweigt, so dass die Kinder die Möglichkeit haben, entsprechend ihrer Veranlagung und Begabung das eine oder andere zu absolvieren.« Eine Vorstellung, die wohl immer ein Traum bleiben wird?
Medien PRAXIS e.V. hat mehrere Jahre die Situation an der Fürther Pestalozzischule verfolgt. Entstanden ist eine dreiteilige Reportage mit folgenden Schwerpunkten:
-
Möglichkeiten und Grenzen des Miteinander und voneinander Lernens im dreigliedrigen Schulsystem
-
Die Schwierigkeiten, den Gedanken der Inklusion an einer Mittelschule mit Leben zu füllen
-
Die Herausforderung, Schülern eine adäquate Berufsvorbereitung zukommen zu lassen
November 2016
Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse von Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien können in Zusammenarbeit mit verschiedenen Einrichtungen von Kommunen, Verbänden und Vereinen ein Freiwilliges Soziales Schuljahr (FSSJ) ableisten.
Die Einsatz-Möglichkeiten reichen von Kindergärten bis Altenheimen, von der Freiwilligen Feuerwehr zum Bund Naturschutz, vom Tierheim zum Sportverein. Das FSSJ beinhaltet über die Dauer eines Schuljahres außerhalb des Unterrichts eine zweistündige ehrenamtliche Tätigkeit in der Woche.
Dieses Projekt der Caritas bietet Schülerinnen und Schülern die Chance, sich sozial zu engagieren, Verantwortung zu übernehmen und wichtige soziale Kompetenzen zu trainieren. Zudem gibt es Anregungen für die berufliche Zukunft und ein Zeugnis.
Mai 2016
»Kuchen, Karteln, Kerzenschein« – so lautete der Slogan, mit dem die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche in der Nürnberger Südstadt im Winter 2016 die Bevölkerung erstmals zur Vesperkirche einlud. Sechs Wochen lang sorgten fast 400 ehrenamtliche Mitarbeiter dafür, dass man sich im umgestalteten Kirchenraum zwanglos treffen konnte und für den symbolischen Preis von einem Euro ein warmes Essen erhielt. Dahinter steht für Pfarrer Bernd Reuther zum einen »ein stark diakonischer Gedanke«, zum anderen »bieten wir aber auch einen Raum, wo Menschen verschiedener Herkunft, verschiedener Einkommensstruktur sich treffen und zusammensitzen und die andere Wirklichkeit auch wahrnehmen.«
Das Projekt war innerhalb der Gemeinde nicht unumstritten. Karten oder Mensch ärgere dich nicht spielen, sich über profane Dinge unterhalten oder auch einfach nur Spaß haben in der Kirche, darin sahen einige auch eine Entweihung des kirchlichen Raumes. Aber was soll mit den vielen Kirchen geschehen, in einer Zeit, in der die Anzahl der Kirchenmitglieder ständig sinkt? Sollen wir sie leer stehen lassen, und wer übernimmt die Kosten für die Instandhaltung? Fragen, die nicht nur Pfarrer Bernd Reuther beschäftigen.
Das Projekt wird ein großer Erfolg: Schon nach wenigen Tagen sind viele Besucher zu Stammgästen geworden, die kulturellen Angebote werden gut angenommen und selbst die Gottesdienste sind gut besucht, manche fühlen sich an die »Urkirche« erinnert.
Aber wie ist das Verhältnis der Besucher zur Kirche im Allgemeinen? Was macht die Menschen so unzufrieden mit der Kirche, dass immer mehr Christen austreten? Weshalb kommen die wenigsten Vesperkirchenbesucher in den normalen Gottesdienst? Wie kommt es, dass sich Menschen, die der Kirche distanziert gegenüber stehen, für die Vesperkirche ehrenamtlich engagieren? Wohin muss sich Kirche entwickeln, wenn sie nicht weiter an gesellschaftlicher Bedeutung verlieren will?
April 2016
Das in der Nürnberger Nordstadt gelegene Stadtteilzentrum KUNO ist Teil der vor 40 Jahren entstandenen Idee, in möglichst vielen Stadtteilen kleine dezentrale Kulturzentren entstehen zu lassen. Die vom damaligen Kulturreferenten Hermann Glaser entwickelte Vorstellung, niederschwellige, alle Bevölkerungsgruppen ansprechende kulturelle Angebote zu machen, hat unter dem Stichwort »Soziokultur« in den 1980er Jahren bundesweite Bedeutung erlangt.
Aus der Aufbruchsstimmung der 1968er Generation heraus fanden sich im »Kulturladen Nord« Menschen zusammen, die in der Gesellschaft etwas verändern wollten. In den 1980er Jahren gab es im KUNO viele Initiativen, die sich kulturell, sozial oder politisch engagierten. Neben den »Müttern gegen Atomkraft« nutzten unter anderem Greenpeace, die Solarenergieinitiative und Robin Wood die Räume. Vereine, wie die die Schwangerenberatungstelle oder Nürnberger Aidshilfe wurden hier gegründet. Proteste gegen Einschnitte im Kulturetat, gegen den zweiten Golfkrieg oder der Aufruf zum Volkszählungsboykott wurden von KUNO-Mitgliedern maßgeblich mitorganisiert.
Die politischen Aktivitäten wurden im Laufe der Jahre weniger, die Zahl derer, die sich aktiv engagierten, nahm ab und die Hauptverantwortlichen sahen sich mit sinkenden Besucherzahlen konfrontiert. Daher nahm man im Jahre 2009 einen Relaunch vor: aus dem Kulturladen Nord wurde das Kulturzentrum Nord.
Margit Mohr, seit 25 Jahren Leiterin des noch immer selbstverwalteten KUNO hielt einen Neustart für notwendig: »Der Relaunch diente dazu, dass wir uns auf unsere Kernkompetenzen besinnen, und wir haben dann herausgefunden, dass wir mit dem Galeriehaus die bildende Kunst als den ersten Kernbereich, als weiteren Kernbereich die Literatur mit dem jetzigen Literaturzentrum Nord haben und der dritte Kernbereich ist der Kulturtreff Nord, der subsumiert das Café Zeitlos, das Kurs- und Fortbildungsprogramm, die Reihe Jazzfrühstück, und alle Gruppentreffs, die hier stattfinden.« Wenngleich sich die Schwerpunkte der Arbeit im Laufe der Jahre verschoben haben, fühlt man sich im KUNO dem Glaserschen Gedanken der Soziokultur bis heute verpflichtet.
Seit Jahrzehnten unverändert fester Bestandteil des KUNO-Programms ist das 1. Mai-Fest. Hier kommt seit Jahren die Nürnberger Alternativ- und Politszene zusammen, schwelgt in Erinnerungen oder schaut wie der Künstler Peter Hammer vorbei, um sich zu informieren: »Man muss doch wissen, wer noch am Leben ist und wie alt er geworden ist.«, um dann festzustellen, »die sind alle älter geworden, wahrscheinlich sogar ich.«
Juli 2015
14 Jahre lang haben wir drei Paare mit der Kamera begleitet, sechs Menschen, die im Alter von 57 bis 81 gemeinsam in Heroldsberg bei Nürnberg gebaut haben. Der Wunsch von Horenburgs, Müllenhoffs und Luthers: möglichst lange in einer Hausgemeinschaft eigenverantwortlich zu leben und die Zeit nach dem Erwerbsleben miteinander zu genießen.
Für Ursula Müllenhoff ist das Wohnprojekt eine »Abkehr von dem völlig absurden isolierten Leben, was sehr viele Menschen heutzutage leben« und Angelika Horenburg verbindet mit dem Altersheim die Vorstellung, »dass ich alles abgebe. Und ich weiß, dass das für mich tödlich wäre.«
Viele Jahre haben sich die drei Paare auf diesen Schritt vorbereitet, und doch müssen sie schon nach wenigen Wochen feststellen, dass das gemeinsame Leben in einem Wohnprojekt nicht ganz einfach ist. Um das Projekt nicht scheitern zu lassen, holen sie sich Hilfe von außen und schaffen es so, sich für die Gedanken und Vorstellungen der Mitbewohner zu öffnen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
14 Jahre sind eine lange Zeit, und immer wieder muss sich die Gemeinschaft mit Schicksalsschlägen und damit verbundenen Veränderungen auseinander setzen; dennoch hat es keine(r) der Beteiligten bereut, sich auf das Experiment eingelassen zu haben.
Der Film dokumentiert das Leben in der Hausgemeinschaft von der Planungsphase bis in die Gegenwart. Er vermittelt Einblicke in ein ungewöhnliches Wohnprojekt, dessen Bewohner über ihre Träume, Hoffnungen und Wünsche (und was daraus im Laufe der Jahre geworden ist) offen berichten.
April 2015
Im Sommer 2016 soll »Auf AEG« die Kulturwerkstatt eröffnet werden. Eine ehemalige Produktionshalle wird hierfür vollständig aus- und umgebaut. Vor Beginn der Sanierungsarbeiten bespielten 14 Tage lang Street Art-Künstler, Akademie- und Designstudenten und andere Kreative die Halle. Auf dem Betonfußboden, an Wänden, auf Paletten, Hartfaserplatten oder Fenstern – überall entstanden Bilder und Graffitis.
Ein Urban Art Event, das manche der Beteiligten an vergangene Zeiten erinnerte, in denen sich Skater und Sprayer in alten Fabrikhallen trafen, bevor man sich zum »Verschönern« von Hauswänden aufmachte. Andere kamen vorbei, weil sie einfach nur gemeinsam malen, sich einmal an einem 18qm großen Fenster austoben, neue Techniken ausprobieren oder mit Gleichgesinnten Spaß haben wollten.
Kunst mit Verfallsdatum, aber das störte niemanden. Was braucht es mehr als Farben, Sprühdosen, Pinsel, eine Couch mit ein paar Sesseln und guter Musik? Unsere Doku fängt Impressionen und Stimmungen von einem absolut unkommerziellen Projekt ein.
StadtLandWand waren: Julia Freisleben, Marie Gerstner, Chris Herrmann, Highner, Jeanette Niqué, Guy Palumbo (Guy the Guy), Johannes Stahl (JoeMadeThis) und Jenny Thich, ferner Antares, Blok, Dizko, Kid Crow, KL52, majilina, The Piff Paff Boys (Odour Odessa, Lucas Krieg, Bounty) und Julian Vogel.
Jüngste Kommentare