Dezember 2016
Ursula Kreutz ist eine der Künstler*innen, deren Arbeiten man derzeit auf dem Nürnberger Johannisfriedhof in dem Kunstprojekt »Unendlich still...« sehen kann. Wir haben Ursula Kreutz vor einigen Jahren filmisch portraitiert.
Ursula Kreutz ist eine vielseitige Künstlerin. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist einerseits die intensive, interdisziplinäre und experimentelle Erforschung der Möglichkeiten des Mediums Fotografie, andererseits das übergreifende Thema der Erinnerung und damit verbunden das Hinterfragen von Wahrnehmung. Dabei macht sie sich oftmals selbst zum Gegenstand der Hinterfragung, indem sie in ihren Arbeiten in Form einer »Selbstuntersuchung« visuell und teilweise auch physisch präsent ist.
Ihre fotografischen Arbeiten sind oftmals auf fotobedruckten transparenten Stoffen aufgetragen, die einen leichten Moiré-Effekt sowie kalkulierte Unschärfe hervorrufen, und werden in Bildkästen oder in von ihr gestalteten Räumen präsentiert. Durch die Transparenz des Materials und eine Verdoppelung der Motive entstehen Überblendungen, die zu vielschichtigen Projektionsflächen transformiert werden und beim Wechseln des Betrachtungswinkels immer neue Eindrücke beim Publikum hervorrufen.
In den letzten Jahren hat sich Ursula Kreutz immer öfter mit Installation und Performance auseinandergesetzt. Arbeiten wie exil oder CMX und deren Abwandlungen bzw. Weiterentwicklungen haben eines gemeinsam: Die Künstlerin ist nicht nur Teil des Werkes, sie sieht in den Arbeiten auch eine Auseinandersetzung mit sich und ihrer persönlichen Entwicklung.
Vor wenigen Wochen wurde Ursula Kreutz mit dem Kulturförderpreis der Stadt Fürth ausgezeichnet. point hat sie in ihrem Atelier besucht und lässt sie über ihre Kunst und ihre Wahrnehmung der Welt reflektieren.
November 2016
Das Bayerische Schulsystem ist bis heute dreigegliedert. Nach einer gemeinsamen vierjährigen Grundschule für alle Regelschüler sieht es nach der vierten Klasse eine Aufteilung in verschiedene Schularten vor. Neben den sogenannten »weiterführenden Schulen«, dem Gymnasium und der Realschule, gibt es seit 2011 die Mittelschule, für, wie es eine Lehrerin beschreibt, »den Rest, der es nicht geschafft hat«. An ca. 600 Standorten in Bayern sind an die Grundschule Mittelschulen angeschlossen, so auch an der Fürther Pestalozzischule.
2011 wurden die ehemaligen Hauptschulen in Mittelschulen umbenannt. Im Bayerischen Kultusministerium versprach man sich davon eine Aufwertung des Schulsprengels. Aber hat die Namensänderung etwas gebracht? Die stärkeren Schüler verlassen weiter nach der vierten Klasse die Grundschule Richtung Gymnasium oder Realschule.
Dabei sind die Ansprüche an die Mittelschule weiter gestiegen. Eltern haben die Möglichkeit, frei zu wählen, ob sie Kinder, die ein Handicap haben, an eine Förderschule oder eine Grund- und später dann Mittelschule schicken. Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund und den damit oftmals verbundenen Sprachschwierigkeiten ist in den letzten Jahren kontinuierlich angewachsen, Lehrer sehen sich immer öfter mit Schülern konfrontiert, die verhaltensauffällig sind oder Motivationsprobleme haben.
Was geblieben ist, ist der Wunsch von Schulleitung und Lehrern, die Schüler möglichst gut auf die Arbeitswelt vorzubereiten, aber ist dies unter diesen Umständen zu schaffen? Kann ein einzelner Lehrer die Ansprüche, die an ihn gestellt werden, überhaupt erfüllen oder bedarf es dazu eigentlich einer zweiten ausgebildeten Lehrkraft, zumindest in den Kernfächern? Wie soll man Einzelne fördern, wenn sich alleine an der Mittelschule 50 Schüler mit besonderem Förderbedarf befinden und dafür gerade einmal 24 Förderstunden pro Woche zur Verfügung stehen? Welche Rolle spielt dabei das Bayerische dreigliedrige Schulsystem, und was bedeutet es insbesondere im Bezug auf den Inklusionsgedanken?
Eine engagierte Lehrerin aus der Mittelschule meint: »Solange Eltern tagtäglich in der Grundschule erleben, wir müssen stark sein, das hat ’nen Wert. Ich will, dass mein Kind aufs Gymnasium geht, die Mittelschule, das sind die Idioten, ich sags mal so deutlich, kann ich nicht davon sprechen, dass alle Menschen irgendwie einen gleichen Wert haben, und das ärgert mich persönlich.« Sie träumt davon »dass wir den Kindern eine Schule anbieten können mit einer Schultüre und sich diese Schule dann innerhalb des Gebäudes verzweigt, so dass die Kinder die Möglichkeit haben, entsprechend ihrer Veranlagung und Begabung das eine oder andere zu absolvieren.« Eine Vorstellung, die wohl immer ein Traum bleiben wird?
Medien PRAXIS e.V. hat mehrere Jahre die Situation an der Fürther Pestalozzischule verfolgt. Entstanden ist eine dreiteilige Reportage mit folgenden Schwerpunkten:
-
Möglichkeiten und Grenzen des Miteinander und voneinander Lernens im dreigliedrigen Schulsystem
-
Die Schwierigkeiten, den Gedanken der Inklusion an einer Mittelschule mit Leben zu füllen
-
Die Herausforderung, Schülern eine adäquate Berufsvorbereitung zukommen zu lassen
Dezember 2015
In den letzten Jahren hat sich die Kaffeehauslandschaft in Deutschland stark verändert: Viele von Bäckereien betriebene Cafés haben geschlossen. An ihre Stelle sind deutschlandweit agierende Ketten getreten, die meist im Franchise betrieben werden. Samocca ist eines dieser Unternehmen, das sich allerdings in einem wichtigen Punkt von den Mitbewerbern unterscheidet: 80% der Beschäftigten sind Menschen mit Handicap.
Im Frühjahr 2015 wurde in Fürth das erste Samocca in Mittelfranken eröffnet. Seitdem arbeiten hier 15 Beschäftigte der Lebenshilfe. Nach oftmals vielen Jahren im geschützten Rahmen der Werkstätten haben sie sich entschieden, den Schritt an einen neuen anspruchsvollen Arbeitsplatz zu wagen. Arbeiten in einem Café, das bedeutet Schicht- und Wochenenddienst, acht Stunden stehen und gehen und dabei die Gäste immer gleich freundlich behandeln. So etwas geht nicht immer ohne Stress ab.
Damit der hohe Anspruch an Qualität und Service erfüllt werden kann, wurde von den Franchise-Gebern ein spezielles Bestellsystem entwickelt. Das ermöglicht selbst Menschen, die weder lesen noch schreiben können, im Samocca zu arbeiten.
Fast alle, die seit nunmehr neun Monaten im Café arbeiten, sind trotz der hohen Anforderungen mit viel Engagement bei der Sache und stolz auf das, was sie zu leisten vermögen. Anita Hofmann fasst es so zusammen: »Mir gefällt es sehr gut, dass die Leute uns anschauen und sehen, was wir machen. Die denken, wir schaffen das nicht, weil wir sind behinderte Menschen, die das gleich wieder aufgeben, aber dass wir es schaffen, heißt, wir sind ein Team. Und wenn die Leute das nicht glauben, sollen sie uns besuchen und sehen, wie wir uns daran halten.«
Der Film begleitet das Projekt von den ersten Vorbereitungen, über die mit viel Stress verbundene Eröffnungsphase bis hin zum Kaffeehausbetrieb. Die Beschäftigten erzählen von ihren Erwartungen und Ängsten, von Stresssituationen und Erfolgserlebnissen und geben so einen beeindruckenden Einblick in das, was sie trotz ihres Handicaps zu leisten vermögen.
Dezember 2015
Über sechs Monate begleitete Medien PRAXIS e. V. filmisch den Aufbau des Fürther »Café Samocca«, eines von mittlerweile 17 integrativen Unternehmen, die unter einem besonderen Franchise-Konzept betrieben werden: In Küche und Service arbeiten hier überwiegend behinderte Menschen, für die der Umgang mit Gästen und die facettenreiche Arbeit eine besondere Herausforderung darstellt, an deren Bewältigung sie wachsen und an Selbstsicherheit gewinnen.
Zum gestrigen Premierenabend war das mit Kinobestuhlung aufgerüstete Café in der Breitscheidstraße rappelvoll gefüllt mit den »Filmstars«, ihren Angehörigen und zahlreichen interessierten Fürtherinnen und Fürthern.
Rolf Bidner, Leiter der integrativen Werkstätten der Fürther Lebenshilfe fasste in seinem Rückblick nochmals all die Stolpersteine und Widrigkeiten zusammen, die bis zur Eröffnung des Cafés zu überwinden waren: Buchstäblich bis unmittelbar vor der Eröffnung waren Handwerker zugange, so dass der eigentlich geplante Probebetrieb nicht stattfinden und sofort mit »richtigen« Gästen gearbeitet werden musste... Dass dies neben den anderen Aspekten ebenfalls im Film dargestellt sei, freue ihn, sagte er anschließend. »Hinterher hat uns ja niemand geglaubt, dass das Café noch einen Tag vor Eröffnung wie eine Baustelle ausgesehen hat.«
Die Vorführung war von großer Anteilnahme der darin Portraitierten begleitet, die den filmischen Rückblick auf das Werden des Projektes und ihr eigenes Engagement natürlich mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgten. Julia Thomas und Thomas Steigerwald, die beiden Macher des Films, bedankten sich herzlich bei allen Beteiligten für ihr Vertrauen und die Offenheit und Herzlichkeit bei den Dreharbeiten.
Die fleißigen »Samoccaner« saßen hinterher noch bestens gelaunt zusammen:
Der Film »Samocca – Franchise einmal anders« wird in zwei Teilen am Sonntag, dem 20. (1. Teil), und am Sonntag, dem 27. Dezember (2. Teil) auf unserem Sendeplatz bei Franken Fernsehen (19.30 Uhr, 21.30 Uhr und 23.30 Uhr) ausgestrahlt. Ein eigener Blogbeitrag zum Film erscheint in der kommenden Woche.
Juni 2015
Die Fürther Straße in Nürnberg und die Nürnberger Straße in Fürth: Diese knapp sechs Kilometer der Bundesstraße 8 sind mehr als die wichtigste Verbindungsstraße zwischen zwei Nachbarstädten. Hier fanden die Nürnberger Prozesse statt und hier waren mit AEG, Triumph Adler, Grundig und der Quelle große, weit über die Region hinaus bedeutende Firmen angesiedelt.
Davon ist nicht viel geblieben und doch pocht das »Herz aus Asphalt« noch immer: Heute ist die Straße auf Nürnberger Seite vom Strukturwandel betroffen und zu einem multikulturellen geprägten Boulevard geworden. Hier kann man flanieren oder es sich in schönen Cafés und Kneipen gut gehen lassen kann. Und auf Fürther Seite: da führt die Straße direkt zur Michaelis-Kirchweih, der größten Straßenkirchweih Bayerns, und spätestens dann, wenn in Fürth die fünfte Jahreszeit ausgebrochen ist, kommen auch die Nürnberger nach Fürth...
April 2015
Am 13. April 2015 lud der Bundestagsabgeordnete der SPD, Carsten Träger, gemeinsam mit Florian Pronold, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) unter dem Titel »Ein modernes Immissionsschutzrecht für unsere Innenstädte« zu einem Fachgespräch mit Vertretern aus der Politik sowie des Schausteller- und Hotel- und Gaststättenverbandes ins Fürther Kulturforum ein. Im Anschluss daran stellten sich Florian Pronold, Carsten Träger, und der Oberbürgermeister der Stadt Fürth, Dr. Thomas Jung, der Öffentlichkeit.
Da das Thema nicht nur in Fürth intensiv diskutiert wird, haben wir uns entschlossen, eine Zusammenfassung der wichtigsten Argumente des öffentlichen Teils der Veranstaltung auf unseren youtube-Kanal zu stellen. In der Fürth-Mediathek von Medien PRAXIS e. V. ist das Video ab sofort abrufbar:
März 2015
»... eine Malerin, wie ich keine zweite im Moment sehe in Fürth und auch noch ein bißchen darüber hinaus natürlich ...« – so lobt Hans-Peter Miksch, Leiter der kunst galerie fürth, die figürlichen Werke der Künstlerin Kathrin Hausel. Wir haben ihr bei der Arbeit über die Schulter geschaut und lassen so die Zuschauer am Entstehungsprozess eines ihrer Bilder teilhaben.
Dabei ist Kathrin Hausel nicht nur Malerin: Sie unterrichtet an einer Waldorfschule Kunst und erzieht nebenbei ihre mittlerweile drei eigenen Kinder. Was bei anderen zu Stress und Überlastung führt, ist für Kathrin Hausel eine Herausforderung, der sie sich gerne stellt, wenngleich es sie schon schmerzte, als sich ihr Galerist nach der Geburt des zweiten Kindes von ihr trennte: Er war der Meinung, dass sie keine Zeit mehr für die Kunst finden würde.
Doch weit gefehlt. Kathrin Hausel malt noch immer und hat Erfolg damit: Im Jahr 2014 erhielt sie den Kulturförderpreis der Stadt Fürth.
Januar 2015
Seit 2002 gibt es an der Fürther Pestalozzischule eine sogenannte Partnerklasse. Hier werden Regelschüler und Kinder mit besonderem Förderbedarf aus der Hallemannschule der Lebenshilfe von einer Grundschullehrerin und einer Sonderschullehrerin von der ersten bis zur vierten Klasse gemeinsam unterrichtet.
Hintergrund ist eine UN-Resolution, die 2009 von der Bundesregierung ratifiziert wurde. Dort heißt es, dass Menschen mit Handicap die Teilnahme an allen gesellschaftlichen Belangen zu ermöglichen ist. Dies hat unter anderem dazu geführt, dass auch Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen an Regelschulen eingeschult werden.
Die Idee, die Inklusion in Form einer Partnerklasse zu realisieren, wurde zunächst von allen Seiten mit einer gewissen Skepsis beobachtet: Eltern von Förderschülern hatten Bedenken, dass ihre Kinder zu wenig Aufmerksamkeit bekämen, Eltern von Regelschülern befürchteten, dass ihre Kinder nicht genug lernen. Doch von den anfänglichen Bedenken ist in der Partnerklasse wenig geblieben. Man ist sich inzwischen einig, dass beide Seiten voneinander profitieren. »Es ist nach den vier Jahren jetzt für alle ein Gewinn, wir haben von den Behinderten gelernt, und die Behinderten eben von den normalen Kindern und das ist eigentlich für alle eine Situation, die schön ist, weil keiner irgendwo Verlier ist, sondern alle dadurch gewonnen haben«, so die Mutter einer Regelschülerin.
Der Film begleitet Schüler einer Partnerklasse während ihrer Grundschulzeit und zeigt, dass Inklusion mehr sein kann als eine gesellschaftliche Randnotiz, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist.
Wir bedanken uns für die Unterstützung bei:
HERMANN GUTMANN STIFTUNG
Lebenshilfe Fürth e. V.
Förderverein PESTA e. V.
Regierung von Mittelfranken
Jüngste Kommentare