Oktober 2013
2009 kaufte Mühlenkraft e. V. in der Hersbrucker Schweiz die Harnbacher Mühle. Der Verein will das 21 Hektar große Gelände in den nächsten Jahren so entwickeln, dass Menschen mit Handicap hier nicht nur eine sinnvolle Arbeit finden, sondern ihnen auch ein möglichst freier Zugang zur Natur ermöglicht wird.
Unter dem Titel »Abenteuer für alle« organisiert der Verein bereits seit einigen Jahren Freizeiten in der Natur. Mit selbstgebauten Rollfietsen werden für gehbehinderte oder gelähmte Menschen Waldwege zugänglich, mit entsprechenden Schlauchbooten können sie sogar an einer Bootsfahrt teilnehmen.
Mit dem Ausbau des Geländes sollen in den nächsten Jahren diese Aktivitäten weiter entwickelt werden. Gleichzeitig soll die Harnbacher Mühle zu einem Ort der Begegnung werden, der Menschen mit Handicap interessante Arbeitsplätze bietet. Hierzu will der Verein eine Schule errichten, gastronomische Angebote machen und die Wald- und Wiesenflächen gärtnerisch bewirtschaften.
Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg: Zunächst muss das nötige Geld besorgt werden. Keine einfache Aufgabe, zumal das Gelände auch noch in einem Naturschutzgebiet liegt.
Die Reportage zeigt zum einen die ersten Freizeitangebote, die hier für Jugendliche mit und ohne Handicap gemacht werden, zeigt das ehrenamtliche Engagement des Netzwerkes »Unternehmen Ehrensache«, die bei einem Corporate Volunteering Day den Verein bei Arbeiten auf dem Gelände unterstützt haben und begleitete eine Gruppe von angehenden Permakulturdesignern, die sich eine Woche damit beschäftigt haben, wie man die geplanten Aktivitäten des Vereines an der Harnbacher Mühle so verwirklichen kann, dass dabei möglichst wenig Eingriffe in die Natur erforderlich sind.
Mai 2013
Mit dem Ende der Sowjetunion kommt es in der Ukraine zu großen wirtschaftlichen Problemen: Viele Menschen werden arbeitslos, manchmal fehlt es selbst für das Nötigste am Geld. Alina ist 10 Jahre alt, als ihre Mutter und ihr Stiefvater beschließen, deshalb nach Deutschland auszuwandern. Obwohl sie bei der Ankunft außer dem Satz »Hände hoch, Hose runter« kein Wort Deutsch spricht, schafft sie es bereits nach einem Jahr auf das Gymnasium.
Ihre Freizeit verbringt sie beinahe ausschließlich mit Hiphop-Tanzen. Sie trainiert fast jeden Tag und beginnt, auch andere Kids anzuleiten. Es gibt allerdings ein Problem: seit es der Familie besser geht, nimmt Alina kontinuierlich zu – trotz des vielen Sports. Vor zwei Jahren war es dann soweit: Alina wiegt inzwischen soviel, dass ihr Knie nicht mehr mitmacht. Sie muss aufhören zu tanzen.
Den Grund für die kontinuierliche Gewichtszunahme sieht sie in der Kindheit, als es der Familie zeitweise sogar am Geld für Lebensmittel fehlte: »Wenn man mal nicht genug hat, nutzt man das sehr gerne aus, wenn man was hat, sprich sobald es uns, unserer Familie dann besser ging, hab ich angefangen zuzunehmen.« Da weder Sport noch verschiedene Diätversuche weiterhelfen, sieht sie als einzige Lösung eine Magenverkleinerung. Sie fährt in ihre alte Heimat und lässt dort eine entsprechende Operation durchführen.
Das Schicksal meint es mit Alinas Familie nicht gut. Ihr Stiefvater, ein ausgebildeter Ingenieur, findet in Deutschland keine adäquate Arbeit und verstirbt schon nach wenigen Jahren. Für Alina, die von ihm, seit sie drei Jahre alt ist, aufgezogen wurde, ein harter Schlag, den sie aber gleichzeitig als große Verpflichtung empfindet. Sie macht ihr Abitur und beginnt, Architektur zu studieren: »Er kam hierher, damit ich auch was hab, und dadurch, dass er sich bemüht hat, dass es mir besser geht, hat es mich eigentlich motiviert zu studieren, mein Abi zu machen, das ist einfach nur ein Anreiz, dass aus mir was werden muss, weil sonst hat es sich halt nicht gelohnt, ne.«
Trotz aller Probleme kann sich Alina heute nicht mehr vorstellen, in der Ukraine zu leben. Sie ist in Deutschland angekommen und hat hier Freunde gefunden – aus den verschiedensten Ländern, allerdings kaum Deutsche. Auch wenn Alina Deutschland inzwischen als ihre zweite Heimat sieht, fühlt sie sich nicht deutsch. »Die typisch deutschen Eigenschaften sind einfach die Ordnung, die Pünktlichkeit, das Akkurate – das bin ich einfach nicht. Ich bin weder pünktlich, noch zuverlässig noch ordentlich und vielleicht ergibt sich auch deswegen, dass wir einfach so wenige Deutsche im Freundeskreis haben.«
Juni 2012
Familie Malowaniec bewohnt mit zwei Kindern, einer Katze und einem verspielten Hund ein Reihenhaus in einem Nürnberger Vorort. Der Vater geht zur Arbeit, die Mutter kümmert sich um den Haushalt und die Erziehung der Kinder. Eine Familie, wie es unzählige gibt, und doch werden sie in der Nachbarschaft zum Gesprächsstoff, als bekannt wird, dass ihre beiden Kinder hochbegabt sind und eine Klasse überspringen. Frau Malowaniec erinnert sich: »Als wir darüber gesprochen haben, weil wir einfach selber die Freude mitteilen wollten, haben wir gemerkt, dass es in Neid ausgeartet ist, und in Mobbing.« – eine Erfahrung, die Eltern hochbegabter Kinder immer wieder machen müssen.
Dabei ist es meist weder für die Eltern noch für die Kinder einfach, mit dieser besonderen Gabe umzugehen. Bei den einen führt die Unterforderung an der Schule zur Leistungsverweigerung, andere fühlen sich als etwas Besonderes, reagieren mit Arroganz und werden so zu Außenseitern.
Um derartige Probleme zu vermeiden, setzen sich die Eltern intensiv mit dem Thema auseinander und investieren viel Zeit in die Erziehung: »Das waren nicht Kinder, die man in die Ecke setzen konnte, die haben einen immer wieder herausgefordert.« Sie versuchen, ihren Kindern eine unbeschwerte Kindheit, frei von Leistungsdruck zu ermöglichen und ihnen gleichzeitig ein gesundes Selbstwertgefühl mitzugeben: »Ich hab immer mit den Kindern ein Lied gesungen – sei ein lebendiger Fisch und schwimme gegen den Strom, es ist manchmal schwer, gegen den Strom zu schwimmen, aber es lohnt sich.«
Februar 2012
Noch ist es die große Ausnahme, dass Menschen mit geistiger Behinderung die Grundschule besuchen, in der freien Wirtschaft arbeiten oder mitten im Stadtteil in einer Wohngemeinschaft leben. Was vor wenigen Jahren noch undenkbar war, soll, wenn es nach den Vorgaben einer von der Bundesregierung ratifizierten UN-Resolution geht, zum Normalfall werden. Ziel der Inklusion ist es, Menschen mit Handicap an allen gesellschaftlichen Belangen gleichberechtigt teilhaben zu lassen.
Seit 2002 gibt es an der Fürther Pestalozzischule eine inklusive Partnerklasse. Vom ersten bis zum vierten Schuljahr werden hier Kinder mit besonderem Förderbedarf im Bereich »geistige Entwicklung« gemeinsam mit Grundschulkindern unterrichtet.
Die Vielfalt der Begabungen stellt hohe Ansprüche an die Lehrer und erfordert zusätzliches Personal, um auch den schwächeren Schülern ein ihren Fähigkeiten adäquates Lernen zu ermöglichen. Ein Aufwand, der sich aus Sicht der Lehrerin Gabi Wille lohnt: »Ich finde es eine ganz wunderbare Art des Miteinanders, diese Freude, ein Buch in die Hand zu nehmen, beim einen Kind zu beobachten, während ein anderes jetzt schon mit Zahlen umgehen kann, aber nicht sprechen kann, und dieses Erlebnis ist jeden Tag ein Geschenk, aber jeder Tag ist unplanbar.«
Seit Herbst 2010 bietet die Lebenshilfe Fürth Mitarbeitern der Werkstätten die Möglichkeit, auf einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft zu wechseln. Mit Unterstützung eines Integrationsbeauftragten haben bisher acht Mitarbeiter diesen Schritt gewagt. Martin Truckenbrodt ist einer von ihnen: Er arbeitet im Warenlager einer Werbemittelfirma und sieht die Mehrbelastung, die die neue Arbeitsstelle mit sich bringt, positiv: »In den Werkstätten war ich dicker, da nehm ich wenigstens ab, weil ich soviel Bewegung hab«. Firmenchef Roland Brombacher ist mit Martin mehr als zufrieden: »Der hat einen wahnsinnigen Antrieb, der Kerl hat eine total gute Seele. Das kann man sich gar nicht vorstellen.«
Seit dem Frühjahr 2010 gibt es in Fürth für Menschen mit geistiger Behinderung eine Alternative zum Wohnheim. Die Lebenshilfe hat in der Fürther Südstadt eine Wohnung angemietet, in der junge Erwachsene die Möglichkeit haben, zusammen zu leben. Lisa, Tobias, Florian und Stefan haben sich bewusst für das ambulant begleitete Wohnen in einer Wohngemeinschaft entschieden, »weil wir halt selber alles lernen, essen, putzen, einkaufen...« Seit dem Einzug haben die WG-Bewohner große Fortschritte gemacht und vielleicht wird ihr großer Traum, ganz ohne Betreuung leben zu können, eines Tages Wirklichkeit.
Drei ermutigende Beispiele, aber die betroffenen Lehrer und Pädagogen warnen davor, aus solchen Beispielen zu schließen, dass dies die Lösung für alle Menschen mit Handicap sein kann.
Januar 2012
»Warum sollen wir auf der Couch liegen? Wir wollen spielen!« Für Leonid Khenkin war die Sache klar, als er 2007 beim Jobcenter vorsprach: Arbeitslose Musiker aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion sollten sinnvoll tätig werden und beispielsweise in Kindergärten und Altenheimen auftreten.
Aus der Idee wurde die Musikwerkstatt der gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft Noris Arbeit (NoA) geboren. Sie hat zeitweise 80 ausgebildeten Sängern und Instrumentalisten eine Anstellung auf Basis von Ein-Euro-Jobs geboten und organisiert jährlich rund 2000 Auftritte. Weil nun die Eingliederungsmittel drastisch gekürzt worden sind, droht ihr Ende März 2012 das Aus – dies wäre das Ende für ein ungewöhnliches Projekt, welches soziale Integration und gesellschaftlichen Auftrag auf vorbildliche Weise verbindet.
Im Mittelpunkt der Reportage stehen der Orchesterleiter und Klarinettist Leonid Khenkin sowie die Opernsängerin Nailia Feyzullayeva, die mit der Hoffnung auf eine große Bühnenkarriere nach Deutschland kam. Der Film begleitet die beiden Künstler zu Proben und Auftritten und gibt Einblick in die harte Realität des Musikgeschäftes, an der ihre Träume zu scheitern drohen.
Dezember 2011
Lebenshilfen gibt es heute in fast jeder deutschen Stadt. Von betroffenen Eltern vor 50 Jahren gegründet, gibt es heute über 500 eigenständige Vereine, die 170.000 Menschen mit Handicap betreuen.
Die Angebote sind inzwischen sehr vielseitig und an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Sie sollen ein weitgehend selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die Betreuer verstehen sich dabei als Assistenten und Begleiter, die unterstützen, aber nicht bevormunden. In den Anfängen, während der 1960er und 1970er Jahre, war die Situation noch eine ganz andere.
Am Beispiel der Lebenshilfe Fürth zeigt die Reportage auf, was sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat: Thematisiert wird unter anderem das gegen viele Widerstände erkämpfte Recht auf eine selbstbestimmte Sexualität, die Stärkung der Persönlichkeitsrechte – die durch die 1992 erfolgte Abschaffung des Vormundschaftsrechts erfolgte und zu einem vollständig veränderten Selbstverständnis im Umgang mit Menschen mit geistiger Behinderung führte – und die bis heute andauernden Versuche einer Integration in unsere Gesellschaft.
Dezember 2011
Wilhelm Löhe gründete 1854 die Diakonissenanstalt Neuendettelsau und nahm dort neben Alten und Kranken, erstmals in Bayern, auch Menschen mit geistiger Behinderung auf. Löhe ging davon aus, dass geistig behinderte Menschen bildungsfähig sind. Von daher liess er sie unterrichten und sorgte für Beschäftigung.
Doch die von Charles Darwins Evolutionstheorie ausgelöste Diskussion über die sogenannte Rassenhygiene führte bereits in den 1920er Jahren zu ersten Irritationen. Wissenschaftler und Ärzte diskutierten, ob man »unwertes Leben«, und dazu zählten auch geistig behinderte Menschen, ausmerzen müsse. Wozu dies im Dritten Reich führte, ist bekannt. Doch auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Menschen mit geistiger Behinderung weiter diskriminiert. Erst durch die von betroffenen Eltern überall in Deutschland gegründeten »Lebenshilfen« verbesserte sich langsam die Situation.
Der Film zeigt, wie sich der Umgang mit Menschen mit geistiger Behinderung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute verändert hat.
Dezember 2010
In Deutschland gibt es bereits mehr als 300 Waldkindergärten, davon allein in Mittelfranken acht. Die Idee der Naturkindergärten entstand in den 1950er Jahren in Skandinavien, in den 1990er Jahren wurde das Konzept in Deutschland aufgegriffen. Seitdem steigt die Anzahl der Eltern, die ihre Kinder lieber in einen Waldkindergarten als in Regelkindergarten schicken, kontinuierlich an. Fast alle dieser Einrichtungen haben lange Wartelisten – trotz Zecken und Borreliose. Immer mehr Eltern glauben, dass es für die Entwicklung ihrer Kinder wichtig ist, wenn sie die Vorschulzeit in der freien Natur verbringen, und das bei Wind und Wetter.
»Die Laubfrösche« verstehen sich als integrativer Kindergarten. Sie haben zwei Kinder mit Handicap in ihrer Gruppe. Jeden Morgen treffen sie sich am Waldrand des Erlanger Stadtteils Kosbach und machen sich dann zu ihrer im Wald gelegenen Lichtung auf. Mit 18 Kindern ist die Gruppe sehr viel kleiner als im Regelkindergarten. Und auch sonst gibt es einige Unterschiede. Ihr Spielzeug finden die Kinder im Wald, Vorgaben von Seiten der Erzieher gibt es nur an Projekttagen. So bliebt viel Raum für das freie Spiel und Zeit für die Pädagogen, die Kinder zu beobachten und gezielt auf ihre Probleme und Fragen einzugehen.
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