Oktober 2024
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Für die einen ist es Kunst. Für die anderen ist es Schmiererei, Vandalismus, Sachbeschädigung. Leere Flächen auf dem Bahngelände und an Zügen scheinen Graffiti-Sprayer magisch anzuziehen. Die Deutsche Bahn verzeichnete im Jahr 2023 über zwanzigtausend Fälle von illegalem Graffiti. Der finanzielle Schaden lag laut eigenen Aussagen bei rund zwölf Millionen Euro.
Für die Bundespolizei in Nürnberg sind die illegalen Schmierereien an Zügen und im Bereich der Gleisanlagen kein Kavaliersdelikt. Zumal man sich bei den meist nächtlichen Aktionen in große Gefahr begibt. Mehrmals im Jahr verunglücken Sprayer bei solchen Aktionen auch mit tödlichem Ausgang. Das Betreten der Gleisanlagen ist lebensgefährlich.
Graffiti-Sprayer wie Julian Golkowsky sehen sich trotzdem nicht als Straftäter. Er ist seit vielen Jahren in der Community verwurzelt und kennt die Hotspots mit den in der Szene berühmten Tags und Writings an den Gleisen und auf Häuserwänden in der Stadt. Graffiti ist für ihn Kunst, Lifestyle, Lebenselixier.
Auch in Julians Kunststudium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg spielt Graffiti eine große Rolle. Dort macht er im nächsten Jahr Diplom. Es gibt sein Leben nicht ohne Writing.
Ängste überwinden, einfach mal machen, nicht nachdenken. Einstellungen wie diese hat Julian aus dem Sprayen heraus gelernt. Er möchte diese Erfahrungen auch weitergeben und bringt in Workshops an Schulen und Jugendhäusern den Kids dort das Graffiti-Writing näher.
Julians Kunst muss ihren Raum im urbanen Spannungsfeld immer aufs Neue suchen. Sie ist immer auch Botschaft, hat immer Ausdruckskraft und wird immer auch missfallen und anecken.
Hier könnt Ihr die Reportage anschauen!
September 2024
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Man sagt es so dahin: Theater – die Bretter, die die Welt bedeuten. Für Irfan Taufik trifft es aber zu. Für ihn ist das Theater Beruf, Berufung und der Ankerpunkt in schwierigsten Zeiten.
Unser Portrait zeigt ihn bei der Arbeit mit seinen zwei Nürnberger Theatergruppen. Da ist das Thevo (auch bekannt als Theater von Menschen für Menschen). Hier werden interaktive Stücke entwickelt, die in Schulen und Jugendtreffs aufgeführt werden. Bei diesen geht es meist um Konflikte, wie Mobbing oder Rassismus – und die Zuschauer*innen haben die Möglichkeit, in das Stück einzugreifen und die Handlung zu verändern.
In seiner Freizeit leitet er zusätzlich das Theaterlabor in der Kulturwerkstatt auf AEG. Hier kommen bewusst die unterschiedlichsten Leute zusammen: Menschen jeden Alters, jeder Herkunft, mit und ohne Behinderung. Die viel beschworene (und selten erreichte) Diversität und Gleichberechtigung – hier scheint sie erreicht.
Der Film versucht zu ergründen, wie Irfan das gelingt und findet Antworten in Irfans eigener Geschichte: Geboren in einer Theaterfamilie im Nordirak, wuchs er praktisch auf der Bühne auf. Doch Diktatur, Krieg und Flucht machten der Idylle ein Ende – zeigten ihm aber auch die heilende Kraft der Kunst.
Hier könnt Ihr das Portrait von IRFAN TAUFIK anschauen!
Juli 2024
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Im Juni 2024 feierte das Kulturzentrum Kofferfabrik 30-jähriges Bestehen. Grund genug, einmal zurückzuschauen auf die Geschichte eines in dieser Form in Deutschland besonderen Stücks gelebter Soziokultur.
Mit dem Einzug einiger freischaffender Künstlerinnen beginnt in den 1980er Jahren das künstlerische und kreative Leben auf dem Areal der ehemaligen BERMAS Kofferfabrik.
1994 beantragen Lothar Böhm und »Märtel« Martin Reichel eine Ausschanklizenz – die offizielle Zeitrechnung der Kofferfabrik beginnt. Der freischaffende Künstler Lothar Böhm gründet das »Forum für Kunst und Begegnung« und später dann die Galerie Brockovski. Sein Ziel: Künstler und kunstinteressierte Menschen zusammenzubringen.
Nach einem kurzen Zwischenspiel übernimmt 2007 Udo Martin die Geschäftsführung. Während bis dahin die bildende Kunst im Mittelpunkt stand, verschiebt sich der Schwerpunkt der Aktivitäten zu Musik und Theater.
Die Kofferfabrik entwickelt sich in diesen Jahren zu einem insbesondere im Musikbereich überregional beachteten Veranstaltungsort, in dem auch Musikgrößen wie Brian Auger, Ray Wilson und Al di Meola aufgetreten sind.
Trotz Pandemie und immer wieder drohender Kündigung überlebt das Projekt. Bis heute steht die »Koffer« für gelebte Toleranz zwischen allen Alters- und sozialen Schichten.
Hier könnt Ihr den Film über Die Koffer anschauen!
März 2023
El Mago Masin, wohnhaft in Nürnberg und seit vielen Jahren auf so gut wie allen Comedy-Bühnen in Deutschland präsent, ist ein Allroundtalent. Der stolze Vater von Zwillingsmädchen besticht nicht nur mit virtuosem Gitarrenspiel und anarchistischem Wortwitz auf der Bühne.
Er hat auch unheimlich viel Lust aufs Basteln, was er unter anderem an seiner »LML«, einem Nachbau der legendären Vespa PX auslebt: »Wenn ich nicht auf der Bühne wäre, dann wär’ ich Bastelkönig... irgendwas mit Kabeln wahrscheinlich. Oder mit Bewegungsmeldern.«
El Mago Masin mag kein Schubladendenken – »Ich wüsste nicht, wie ich mich selbst bezeichnen sollte«. Seine Auftritte sind in den seltensten Fällen politisch, aber wenn er gebeten wird, Pate für eine Schule ohne Rassismus zu werden, ist er gerne dazu bereit, schreibt mit den Schülern ein Lied und produziert anschließend mit ihnen ein farbenfrohes Musikvideo.
Die Jahre der Pandemie sind aber auch für ihn eine harte Zeit. Abgesehen von einzelnen Auftritten auf Kreuzfahrtschiffen liegt auch für den Comedian das kulturelle Leben in Deutschland brach. Für El Mago Masin kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen: Er spielt für Frau und Kinder den Hausmann, wäscht die Wäsche oder kocht »nach Gefühl« das Mittagessen und fragt sich, ob das vielleicht auch auf Dauer Spaß machen könnte.
Schon bald findet er aber neue Betätigungsfelder: Er schreibt ein Kinderbuch, gründet nebenbei einen Buchverlag und kauft sich ein altes Wohnmobil, welches er herrichtet und damit anschließend nach Polen fährt. Um dort dem kleinsten Pferd der Welt ein Lied zu spielen – natürlich auf Polnisch.
März 2022
Die ehemalige Pinselfabrik Leonhardy in der Johannisstraße steht leer. Künstler aus dem Stadtteil fragen sich, ob die weitestgehend intakten Räume der alten Fabrik als Ateliers genutzt werden könnten. Doch die Stadt Nürnberg als Eigentümerin hat andere Pläne: Das Gebäude wird wohl abgerissen werden, um die angrenzenden Hesperiden-Gärten erweitern zu können. Für die Künstler*innen bleibt dann vermutlich nur die Zwischennutzung als mögliche Option.
Die freie Szene hat es schwer: langfristige Mietverträge sind die Ausnahme. Oft müssen Räumlichkeiten schon nach wenigen Jahren wieder aufgegeben werden, wie das »Auf AEG« und bei Quelle bereits geschehen ist. Aber Kunst braucht Raum und Kreative eine Perspektive. Tut die Stadt Nürnberg genug für ihre Künstler*innen? Die Frage steht seit längerem im Raum.
Die neu geschaffenen Ateliers in der Tillystraße sind ein positives Beispiel: Dort haben viele ehemalige Künstler*innen Auf AEG durch tatkräftige Unterstützung des Kulturreferats eine neue Bleibe gefunden. Natürlich braucht es trotzdem sehr viel Eigeninitiative. Ein von den Kreativen gegründeter Verein sorgt für Struktur und kümmert sich um die Vermietung des Gebäudes.
Auch im Heizhaus auf dem alten Quelle-Gelände findet man viel Engagement: Dort finden sich schon seit mehreren Jahren neben Ateliers auch Offene Werkstätten, kleine Unternehmen und ein wöchentlicher Markt, der die Anwohner mit frischem Gemüse aus dem Umland versorgt. Diesen Status musste man sich aber hart erkämpfen. Auch die neuen Mieter im Kesselhaus an der Fürther Stadtgrenze haben diese Erfahrung gemacht. Auch hier waren es ehemalige Mieter*innen der Ateliers Auf AEG, die sich dort in Eigenregie ohne Unterstützung der Stadt ein neues kreatives Zuhause geschaffen haben.
Fazit: Die freie Szene hat in Nürnberg großes Potenzial, ist aber viel zu oft nicht sichtbar.
November 2021
Sie beraten Musiker, veranstalten Konzerte und kümmern sich um Barrierefreiheit: Andreas Jäger und Julian Menz sind die »Popularmusikberater« des Bezirks Mittelfranken.
In ihrem Büro im Kulturhaus Stein laufen die Fäden zusammen: Zwischen Schreibtisch und Teeküche wird über neuen Projekten gehirnt.
Gerade für junge Bands sind die beiden eine zentrale Anlaufstelle geworden – im Mittelpunkt steht dabei oft die Frage, wie man auch in Pandemiezeiten die Musik zum
Publikum bringen kann. Dabei hilft es, dass Julian und Andreas selbst Musiker sind und mit ihren Bands Pam Pam Ida und Me & Reas viele der Schwierigkeiten – aber auch der cleveren Ideen – aus eigener Hand kennen.
»Pop für alle!« lautet ihr Anspruch – und das bezieht sich auch auf Menschen mit Behinderungen. Gemeinsam mit dem blinden Berater Hansi Mühlbauer von der Initiative
»Barrierefrei feiern« werden Locations auf ihre Tauglichkeit für Personen mit unterschiedlichen Handicaps getestet. Und schließlich wird sogar ein Live-Konzert auf die Beine gestellt....
Mai 2021
2014, sieben Jahre nach der Schließung des Nürnberger AEG-Werks, haben wir in zwei Filmen die Entwicklung »Auf AEG« dokumentiert.
Maßgeblich dazu beigetragen, dass sich kaum noch jemand an das ehemals schlechte Image des Geländes erinnert, haben die Künstler, die ihre Ateliers auf dem Gelände haben. »Auf AEG« wurde zu einem Ort, an dem sich Kunst, Kultur und mittelständische Unternehmen gegenseitig befruchteten und so das Areal zu etwas Besonderem machten. Wiederum sieben Jahre später, zum 30. Juni 2021 müssen die Künstler ihre Ateliers räumen...
Aus diesem Anlass zeigen wir an den kommenden Sonntagen noch einmal unsere Beiträge zu »Auf AEG«.
16. Mai 2021
Neues Leben »Auf AEG«
23. Mai 2021
Kunst und Kultur »Auf AEG«, Teil 1
30. Mai 2021
Kunst und Kultur »Auf AEG«, Teil 2
April 2021
Im März 2020 mussten in Deutschland auf Grund von Covid 19 alle Kultureinrichtungen schließen. Das kulturelle Leben in Deutschland ist seitdem fast vollständig lahmgelegt. Für Sabine Tipp, Leiterin des Jugendkulturmanagements con-action des Jugendamtes Fürth, eine Situation, mit der sie und ihr Team sich nicht abfinden wollten. Ihr Ziel: eine Veranstaltungsreihe im Freien in den Sommermonaten.
Während in ganz Deutschland Konzerte und Festivals abgesagt wurden, begann man trotz aller Unwägbarkeiten im Frühsommer 2020 mit den Vorbereitungen.
Geplant wurden Konzerte mit Bands aus dem In- und Ausland, Theateraufführungen und ein Familientag. Der »Sommer am Lindenhain« sollte an den Wochenenden von Juli bis Oktober stattfinden. Dabei war es den Macher*innen wichtig, dass die Bandauftritte als »Stehplatzkonzerte« stattfinden, um ein wenig Festivalfeeling zu ermöglichen.
Mit viel Elan ging man die Sache an und musste feststellen, dass die Rahmenbedingungen, unter denen Veranstaltungen im Sommer und Herbst 2020 durchgeführt werden durften, sich zum Teil täglich änderten. Für die Verantwortlichen eine riesige Herausforderung, da nicht nur die geforderten Hygienekonzepte, die man gerade ausgearbeitet hatte, wenige Tage später schon wieder überholt waren.
Trotz all dieser Widrigkeiten konnten alle Veranstaltungen durchgeführt werden. Für die Organisierenden ein großer Erfolg, für den sie von Publikum, den Musiker*innen und sonstigen Akteur*innen auf der Bühne viel Beifall und Lob erhielten.
Grund genug für Sabine Tipp und ihr Team, um auch 2021 eine Wiederholung des »Sommers am Lindenhain« anzugehen.
Eine Reportage, die zeigt, dass es sich auch in Pandemiezeiten lohnt, sich mit viel Engagement und Risikobereitschaft für Künstler*innen, Kulturschaffende und das Publikum einzusetzen.
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